"Erste Hilfe" im Notfall
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Beschuldigter ist ein Verdäch­tiger, gegen den ein Ermitt­lungs­ver­fahren betrieben wird.
In der Praxis ist jedoch die Ab­gren­zung zwischen einem Beschul­digten und einem Zeugen oft von erheb­licher Bedeu­tung, weil einigen Ermitt­lungs­beamten diese Unter­schei­dung nicht immer gelingt und nicht selten Ver­neh­mungen durch­führen, ohne die betref­fende Per­son über ihren Beschul­dig­ten­status und ihre aktu­elle Stel­lung im Er­mitt­lungs­ver­fahren auf­zu­klären. An diese Be­schul­dig­ten­ei­gen­schaft knüpfen sich aber umfang­reiche Beschul­dig­ten­rechte an, über die von den Verneh­mungs­be­amten bei Beginn einer Ver­neh­mung zu be­lehren ist.


Als Beschul­digter einer Straf­tat haben Sie die nach­fol­gend exempla­risch auf­ge­führten Rechte, zu welchen Sie für den Fall der Fälle auch die nach­stehenden Rat­schläge beher­zigen sollten:

  • Bemühen Sie sich, ruhig, sachlich und besonnen zu handeln.
    Leisten Sie keinen Wider­stand bei jeglicher Maß­nahme wie bspw. Fest­nahme, Ver­haf­tung, Durch­suchung, Beschlag­nahme, Sicher­stel­lung oder Blut­ent­nahme. Sonst droht u. a. nicht nur un­mit­tel­barer Zwang, sondern die Defi­ni­tions­macht des § 113 StGB liegt oft­mals bei den ein­ge­setzten Poli­zei­be­amten. Vermeiden Sie Dis­kus­sionen mit Ver­neh­mungs- oder Polizei­beamten.
  • Sie haben als Beschul­digter ein umfassendes Schweige­recht.
    Es bezieht sich sowohl auf den Tat­vor­wurf, als auch auf Angaben zu Ihren wirt­schaft­lichen Ver­hält­nissen. Von Ihrem Schweige­recht sollten Sie stets und umfassend Ge-brauch machen, bis Sie die Gele­gen­heit hatten, sich mit einem Ver­tei­diger über das zweck­mäßige Ver­tei­di­gungs­ver­halten zu be­sprechen. Weisen Sie die Ver­neh­mungs­beamten früh­zei­tig darauf hin, daß Sie die Kon­sul­tation eines Ver­tei­digers/einer Ver-tei­digerin wünschen. Über dieses Recht sind Sie durch die Ver­neh­mungs­beamten vor Be­ginn einer Ver­neh­mung aus­drück­lich zu be­lehren.
  • Machen Sie bis zum Eintreffen Ihres/Ihrer Verteidiger/in keine Angaben.
    Hüten Sie sich stets davor, mit Polizeibe­amten außer­halb einer pro­to­kol­lierten Ver­neh­mung irgend­welche Gespräche zur Sache zu führen. Lassen Sie sich auch nicht in aus­horchende Unter­hal­tungen, bspw. auf dem Rück­sitz eines Polizei­fahr­zeuges ge-führt, ver­wickeln. Gleiches gilt für die formlose Plauderei abseits von Vernehmungen in angeblich gut gemeinten Zigaretten- und Kaffee-Pausen.
    Der Inhalt dieses lockeren "Schwätzchens" findet in Form von Ge­sprächs­ver­mer­ken ganz sicher Ein­gang in die Er­mitt­lungs­akten, unter­liegt damit einer späteren Be­weis­würdi­gung und findet zu Ihrer späteren Über­raschung als sog. Spon­tan­ge­ständ­nis zu Ihren Lasten eine unan­ge­nehme Be­rück­sich­ti­gung, obwohl Sie die eine oder andere Äuße­rung viel­leicht ganz anders ver­standen wissen wollten.
  • Aus lang­jähriger Straf­ver­tei­digungs­praxis kann nur immer wieder betont werden: Schweigen ist Gold !

    Insbesondere bei schweren Straf­taten ist bei einer sog. unge­schützten Ein­las­sung jedes Wort zuviel! Ob Sie eine Aus­sage machen oder nicht - der Haft­befehls­an­trag ist ohnehin schon in der Welt. Frühe Aus­sagen ohne Ver­tei­diger­kon­sul­tation sind ein Kern­stück und die Trumpf­karten der poli­zei­lichen Er­mitt­lungen. Die Objektivität der grundsätz­lich an einer schnel­len und reibungs­losen Be­stra­fung eines Be­schul­digten/Ange­klag­ten inter­es­sier­ten Straf­ver­fol­gungs­behör­den sowie das Doku­men­ta­tions­inter­esse eines Poli­zei­be­amten weicht oftmals erheb­lich vom Er­kennt­nis­inter­esse der Ver­fah­rens­betei­ligten eines Straf­pro­zesses ab.

    Mit anderen Worten: Sie machen unnötig frühe Angaben, bei denen Sie später erst in Erstaunen und schließ­lich in Bestür­zung ver­setzt werden, wenn Sie erkennen, was man alles in Ihre Äuße­rungen hinein inter­pre­tiert hat und wie sub­jek­tive Mei­nun­gen, Wer­tun­gen, Würdi­gun­gen und Schluss­fol­ge­rungen von Er­mitt­lungs­be­amten zu un­um­stöß­lichen Tat­sachen und Be­weisen werden. Aus diesen Nummern kommen Sie nicht mehr raus... weshalb schon in der Antike galt: "nemo tenetur se ipsum accusare" (frei: niemand muss sich selbst belasten). Schweigen Sie, ent­ziehen Sie sämt­lichen Inter­pre­ta­tions- und Mani­pu­la­tions­ver­suchen von An­fang an jeg­liche Grundlagen.
    Beherzigen Sie daher lieber diese Regel - und gehen Sie erst­mal davon aus, daß der Grund­satz "in dubio pro reo" eine juristische Fiktion ist - das ver­hindert späteren Katzen­jammer.
  • Sie haben das Recht, zu jeder Zeit und in jeder Lage des Ver­fahrens sich des Bei­standes eines Vertei­digers/in zu bedienen. Die Ermitt­lungs­be­amten sind gesetz­lich ver­pflichtet, Ihnen die entsprechende Kontakt­auf­nahme zu ermög­lichen.
    Entscheiden Sie sich zu einer Verteidiger­kon­sul­tation, warten Sie mit weiteren Ver-neh­mungen bis zum Ein­treffen Ihres Vertei­digers. Insistiert man trotzdem weiter oder wird Ihnen erklärt, der Ver­tei­diger komme später etc., schweigen Sie einfach.
    Diese Möglich­keit sollten Sie nutzen: je früher der Anwalt Sie beraten kann, desto eher kann er ver­hindern, daß Sie Fehler machen, die Sie später unter Umständen nicht mehr berich­tigen können. Die Weichen für das weitere Verfahren werden bereits zu Beginn gestellt. Ggf. kann ein Straf­ver­fahren gänzlich abge­wendet oder belastenden Zeugen­aus­sagen vor­ge­beugt werden.
  • Denken Sie lieber nicht daran, voreilig und ohne die vorherige Verteidigerkonsultation den Ermittlungsbeamten vermeintlich günstige Sachverhalte zu präsentieren.
    Einen solchen Irrtum haben schon Viele bereut.
  • Läuft bereits ein Ver­fahren, kann der Rechtsanwalt ggf. wert­volle Informa­tionen be-schaffen und auswerten (im Straf­ver­fahren erhält nur der Anwalt, nicht der Beschul­digte selbst Akten­einsicht). Der Be­schuldigte kann im frühen Ver­fahrens­stadium - da er den wahren Ermitt­lungs­stand nicht kennt - die Trag­weite von Angaben regel­mäßig nicht zu­treffend einschätzen.
  • Körperliche Unter­suchungen und erken­nungs­dienstliche Maß­nahmen haben Sie zu erdulden, allerdings sind Sie nicht ver­pflichtet, hierbei aktiv mit­zu­wirken.
    Insbe­son­dere in Fällen der Trun­ken­heits­fahrten müssen Sie an Unter­such­ungs­maß­nahmen wie "Finger-Nasen-Proben" etc. nicht aktiv teil­nehmen.