Strafsachen | Strafverfahren
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Das Strafverfahren gliedert sich in das Ermittlungs-, Zwischen-, Haupt-, Rechtsmittel- sowie Voll-streckungsverfahren.  


1. Ermittlungsverfahren

Werden den Straf­ver­fol­gungs­organen Tatsachen - beispiels­weise durch eine Anzeige oder durch behörd­liche Kenntnis­nahme - bekannt, die auf ein mög­licher­weise straf­recht­lich relevantes Ver­halten hin­deuten, sind sie auf­grund des sog. Legalitätsprinzips gesetz­lich ver­pflich­tet, Ermitt­lungen ein­zu­leiten. Dieser Anfangs­ver­dacht setzt ein Ermitt­lungs­ver­fahren in Gang. Die Staats­anwalt­schaft legt als sog. "Herrin des Verfah­rens" eine Ermitt­lungs­akte an und die Polizei führt u. a. Ver­neh­mungen von Zeugen und Be­schul­digten durch. Der Sachverhalt wird ermittelt und rele-vante Fakten werden zu­sammen­ge­tragen und Be­weise gesichert, wobei hier nicht selten auch besondere Ermitt­lungs­maß­nahmen erfor­der­lich werden können (Sicher­stellung, Beschlag­ahme, Durch­suchungen, Fest­nahme oder Unter­such­ungs­haft, Telefonüber­wachung etc.).


2. Anklage

Ergibt sich nach Abschluß der Ermitt­lungen ein hin­reichen­der Tat­ver­dacht gegen den Beschul­digten, besteht für die Staats­anwalt­schaft die Ver­pflich­tung, öffent­liche Anklage zu er­heben, sofern nicht aus­nahms­weise eine Ein­stell­ung unter Oppor­tuni­täts­ge­sichts­punk­ten (§§ 153 ff. StPO, 45 ff. JGG) oder eine Behand­lung durch Straf­befehl in Be­tracht kommt. Liegt indes kein hinreichen­der Tat­ver­dacht vor, so stellt die Staats­anwalt­schaft das Ver­fah­ren ein, § 170 Abs. II Strafprozeßordnung (StPO).

Mit Erhe­bung der Anklage wird das Ver­fahren bei Ge­richt anhängig, der Beschul­digte wird nun-mehr als Ange­schul­digter be­zeich­net. Die Anklageschrift wird hierzu dem Angeschuldigten bzw. dessen Verteidiger durch das Gericht zugestellt. Zugleich erhält der Angeschuldigte sodann die Möglichkeit innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist zu der Anklage Stellung zu nehmen und optional einzelne Beweiserhebungen zu beantragen, § 201 StPO. 
Im anschließenden Zwischen­ver­fahren prüft das Ge­richt, ob das Haupt­ver­fah­ren zu eröffnen, die Eröff­nung ab­zu­lehnen oder das Ver­fahren einzu­stellen ist. Meist schon in diesem Stadium wird bei Vor­liegen der ge­setz­lichen Vor­aus­set­zun­gen des § 140 StPO ein Pflicht­ver­tei­diger be­stellt.


3. Strafbefehl

Anstelle einer Anklageerhebung kann die Staatsanwaltschaft nach Abschluß der Ermittlungen beim Gericht den Erlaß eines Strafbefehls beantragen. Ein solcher Strafbefehls kommt häufig dann in Betracht, wenn es sich um geringere Vergehen handelt und die Staatsanwaltschaft und das Gericht die Durchführung einer Hauptverhandlung für nicht notwendig erachten. Bei dem Strafbefehlsverfahren handelt es sich um ein vereinfachtes, schriftliches Verfahren. Es findet zunächst nur eine summarische Prüfung statt und es handelt sich letztlich erst einmal nur um eine vorläufige Entscheidung, da der Betroffene durch Einlegung eines Einspruchs die Rechts-kraft des Strafbefehls verhindern kann.

Hat das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erlassen, so kann der Angeklagte gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen bei Gericht Einspruch einlegen, andernfalls wird der Strafbefehl nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist rechtskräftig und steht in seiner Wirkung einem Strafurteil gleich. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Strafbefehls. 
Strafbefehlsverfahren sind also nicht ungefährlich, denn durch das Strafbefehlsverfahren kann der Angeklagte - allein durch Versäumung der Einspruchsfrist - ohne eine Hauptverhandlung zu einer Strafe verurteilt werden. Wird jedoch innerhalb der Frist Einspruch eingelegt, kommt es wie in einem Strafverfahren zu einer gerichtlichen Hauptverhandlung. Der Einspruch gegen den Strafbefehl kann auch auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, z.B. die Höhe oder die Anzahl der verhängten Tagessätze einer Geldstrafe.


4. Hauptverfahren und Hauptverhandlung

Mit der Zulas­sung der Anklage durch Eröff­nungs­beschluß oder durch rechtzeitigen Einspruch gegen einen Strafbefehl wird das Haupt­ver­fahren eingeleitet, der Ange­schul­digte wird nun als Ange­klag­ter be­zeich­net. Kern­stück des Haupt­ver­fah­rens bildet dabei die münd­liche Haupt­ver­hand­lung, in der der Tat­nach­weis zur freien Über­zeu­gung des Ge­richts geführt werden muß.

Ein Straf­ver­fahren kann dabei auf ver­schiedene Arten und mit unter­schied­lichen Er­gebnissen enden. Zum einen kann es zum Frei­spruch kommen, bspw. wenn das Ge­richt nicht mit der für eine Ver­ur­tei­lung erfor­der­lichen Sicher­heit zur Schuld­fest­stel­lung gelangt. Zum anderen kann das Gericht das Ver­fahren mit oder auch ohne Auf­lagen ein­stellen. Anderen­falls verhängt es ent­weder eine Geld­strafe oder eine Frei­heits­strafe, wobei ggf. eine Straf­aus­set­zung zur Be­wäh­rung in Betracht kommt. Daneben sind auch weitere Neben­folgen mög­lich, z. B. die Ent­zie­hung der Fahr­er­laub­nis, die Ein­zie­hung von Gegen­stän­den (z. B. Tatwerk­zeuge) oder der Ver­fall und die Ver­hän­gung eines Berufs­ver­botes.


 

5. Beschleunigtes Verfahren

Das beschleunigte Verfahren ist in den §§ 417 ff. StPO geregelt und stellt eine besondere Ver-fahrensart dar mit dem Zweck, in einfach gelagerten Fällen eine schnelle und effektive Entschei-dung zu ermöglichen, letztlich mit dem Ziel, daß auf eine Tat als Reaktion sogleich eine Strafe folgen soll. Stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Aburteilung des Beschuldigten im sog. beschleunigten Verfahren, so wird gemäß § 418 Abs. I StPO die Hauptverhandlung sofort oder binnen kurzer Frist durchgeführt. Einer förmlichen Anklageschrift bedarf es nicht; ferner ist die Beweisaufnahme im beschleunigten Verfahren vereinfacht, allerdings kann im beschleunigten Verfahren nur auf eine Geldstrafe und auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr erkannt werden; die Nebenfolge der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB ist jedoch auch hier möglich.

Rechtsmittel sind indes wie im normalen Strafverfahren zulässig.


6. Rechts­mittel­ver­fahren

Gegen ein Urteil können Rechts­mittel (Berufung oder Revision) ein­ge­legt werden.

Das Rechts­mittel­ver­fahren können - neben dem Ange­klag­ten - sowohl die Staats­anwalt­schaft und als auch in einem ein­ge­schränkten Umfang der Neben­kläger be­treiben.


7. Straf­voll­streck­ungs­ver­fahren
Mit Ein­tritt der Rechts­kraft kann das Urteil voll­streckt werden.
Es schließt sich damit für den Ver­ur­teilten das Straf­voll­streck­ungs­ver­fahren an.

Auch hier ist die Staats­an­walt­schaft wiederum die Herrin des Ver­fahrens. Sie über­wacht die Zahlung von Geld­strafen und den Antritt von Frei­heits­stra­fen, wobei jedoch die Bewährungs­auf­sicht in der Regel dem seinerzeit er­kennen­den oder dem am Wohn­ort des Ver­ur­teilten zu­stän­digen Gericht obliegt.