1. Betäubungsmittelstrafrecht
2. Konsumcannabisgesetz
3. Verteidigung
1. Betäubungsmittelstrafrecht
Das Betäubungsmittelstrafrecht ist in §§ 29 ff. des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) geregelt, die einen Katalog strafbarer Verhaltensweisen im Umgang mit Betäubungsmitteln enthalten.
Neben den im allgemeinen Sprachgebrauch als Drogen bezeichneten Heroin, Kokain, Cannabis, Morphium gelten alle natürlichen oder künstlichen Substanzen als illegale Betäubungsmittel, die in den Anlagen 1-3 des BtMG aufgeführt sind, u. a. LSD, Exstasy (XTC), Amphetamin (Speed oder PEP), Crystal, PCP, Spice (sog. Legal Highs), Pilze, Kath, Barbiturate, Benzodiazipine, etc.
Daneben kann auch eine Strafbarkeit nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) in Betracht kommen.
Gemäß § 29 BtMG (Vergehen) wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe u. a. der-jenige bestraft, der Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, besitzt, herstellt, in das Bundesgebiet einführt, erwirbt oder mit ihnen Handel treibt. Die Betäubungskriminalität wird aber nicht nur hart sanktioniert, sondern es entspricht der gesetzgeberischen Zielsetzung, u. a. über den recht weit gefassten § 29 BtMG letztlich lückenlos jede Tat im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln unter Strafe zu stellen.
Mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr wird gemäß § 29a BtMG u. a. derjenige bestraft, der Betäubungsmittel in nicht geringer Menge herstellt, abgibt, besitzt oder mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel treibt oder an Personen unter 18 Jahren überläßt.
Die "nicht geringe Menge" bestimmt die Rechtsprechung dabei nicht nach der Gewichtsmenge, sondern nach dem Wirkstoffgehalt, der Anzahl der toxischen Dosen und der Gefährlichkeit der Betäubungsmittel.
§ 30 BtMG beschreibt schwere Verbrechenstatbestände, z.B. das bandenmäßige oder gewerbs-mäßige Handeltreiben oder die Einfuhr nicht geringer Mengen in das Bundesgebiet.
§ 30a BtMG droht sodann hohe Mindestfreiheitsstrafen, bspw. für das Handeltreiben mit nicht geringen Mengen etc. unter Mitführung von Waffen.
Die Strafverfolgungsbehörden fokussieren sich bei der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität in der Regel auf Dealer (oder Ticker, Pusher) und deren Verkaufsgehilfen, aber auch gegen die schlichten Drogenkonsumenten, da auch dieser sich nach dem BtMG strafbar macht.
Dabei bedient sich die Polizei zeitgemäßer Ermittlungstechnik (Telefon- und sonstige Kommunikationsüberwachung, Observation etc.), dem Einsatz verdeckter Ermittler und sog. V-Leute oder auch sog. "legendierter" Polizeikontrollen.
Ein Strafverfahren haben dabei aber nicht nur die Hintermänner, Dealer und Kuriere, sondern oftmals auch schlichte Konsumenten ("Junkies") von Betäubungsmitteln zu befürchten.
Denn maßgeblich für das Strafmaß und die Frage einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe mit bzw. ohne Bewährung ist neben der Art des Betäubungsmittels insbesondere dessen Menge. Bei einer nicht geringen Menge droht dabei in der Regel eine Freiheitsstrafe. Oftmals bleibt es aber nicht nur bei den Sanktionen nach dem Betäubungsmittelgesetz. In Betracht kommen auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB), das Berufsverbot oder auch die Entziehung der Fahrerlaubnis.
2. Konsum-Cannabisgesetz
Das Cannabisgesetz (CanG) ist in seinen wesentlichen Teilen am 01. April 2024 in Kraft getreten, welches den privaten Besitz, den Anbau und den medizinisch-wissenschaftlichen Gebrauch von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert. Die neuen gesetzlichen Regelungen sind sehr detailreich und recht kompliziert ausgestaltet. Sie enthalten dabei einige Wertungswidersprüche und Unklarheiten und lassen für die Praxis viele Fragen offen.
Was ist denn jetzt alles bezüglich Cannabis "erlaubt" bzw. weiterhin verboten?
Darf man jetzt Cannabis konsumieren oder muß man jetzt sogar kiffen?
Das Wichtigste zuerst und das Erfreuliche vorab: auch nach dem neuen Cannabiskonsumgesetz ist wie bisher weiterhin Niemand verpflichtet, Haschisch zu rauchen!
Um aber mit einem scheinbar weit verbreiteten Mißverständnis aufzuräumen:
Zwar wurde das Cannabis im Rahmen der Teillegalisierung gemäß dem CanKG aus der Anlage zum BtMG gestrichen, sodaß das BtMG seit dem 01.04.2024 nicht mehr auf Cannabis anwend-bar ist. Gleichwohl ist aber auch wie bisher davon auszugehen, daß das Cannabis weiterhin eine illegale Droge bzw. ein illegales Betäubungsmittel darstellt. Diese Ansicht ergibt sich unschwer daraus, daß nach § 2 KCanG nahezu jede denkbare Verhaltensform in Bezug auf den Umgang mit Cannabis verboten ist.
Denn gemäß § 2 Absatz I KCanG (Konsumcannabisgesetz) ist es u. a. verboten,
- Cannabis zu besitzen,
- Cannabis anzubauen,
- Cannabis herzustellen,
- mit Cannabis Handel zu treiben,
- Cannabis einzuführen oder auszuführen,
- Cannabis durchzuführen,
- Cannabis abzugeben oder weiterzugeben,
- Cannabis zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen,
- Cannabis zu verabreichen,
- Cannabis sonst in den Verkehr zu bringen,
- sich Cannabis zu verschaffen oder
- Cannabis zu erwerben oder entgegenzunehmen.
Von diesen Verboten enthält das KCanG jedoch im Rahmen einer sog. "Teil-Legalisierung" in den weiteren Vorschriften nun einige Ausnahmen (sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Soweit es also nach früherer Rechtslage zur Frage der Straflosigkeit auf eine behördliche Erlaubnis zum Umgang mit Cannabis ankam, wird jetzt nach neuer Gesetzeslage grundsätzlich nur noch zwischen einem gesetzlich verbotenem und einem gesetzlich erlaubtem Umgang mit Cannabis unterschieden.
Die zentrale Strafvorschrift des Konsumcannabisrechts enthält § 34 KCanG, welche die Straf-barkeit an Verstöße gegen die Verbote des § 2 KCanG anknüpft. Dabei ist zunächst zwischen dem Konsumcannabis und dem Medizinalcannabis (und Cannabis zu medizinisch-wissenschaft-lichen Zwecken) zu unterscheiden; die Definition von Cannabis gemäß § 1 Nr. 8 KCanG schließt Medizinalcannabis und Cannabis zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken ausdrücklich aus.
Zum Konsumcannabis gehören Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile sowie Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen einschließlich den pflanzlichen Inhaltsstoffen nach § 1 Nr. 1 KCanG und Zubereitungen dieser Stoffe. Die Definition umfasst demnach nur Phytocanna-binoide. Nicht hierzu zählt synthetisches Cannabis (wie z. B. Spice). Dieses unterfällt – je nach Gattung – dem NpSG oder dem BtMG.
Verboten und damit strafbar ist zum Beispiel, wer
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 1 mehr als 30 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, an einem Ort besitzt, der nicht sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthalt ist,
- insgesamt mehr als 60 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, besitzt
- mehr als drei lebende Cannabispflanzen besitzt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 2 mehr als drei Cannabispflanzen gleichzeitig anbaut oder Cannabispflanzen nicht zum Eigenkonsum anbaut,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 3 Cannabis herstellt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 4 mit Cannabis Handel treibt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 5 Cannabis einführt oder ausführt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 6 Cannabis durchführt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 7 Cannabis ab- oder weitergibt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 8 Cannabis zum unmittelbaren Verbrauch überlässt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 9 Cannabis verabreicht, .
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 10 Cannabis sonst in den Verkehr bringt,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 11 sich Cannabis verschafft,
- entgegen § 2 Absatz 1 Nummer 12 mehr als 25 Gramm Cannabis pro Tag erwirbt oder entgegennimmt oder mehr als 50 Gramm Cannabis pro Kalendermonat erwirbt oder entgegennimmt,
- mit Cannabis gewerbsmäßig handelt,
- als Person über 21 Jahre Cannabis an ein Kind oder einen Jugendlichen ab- oder weitergibt, zum unmittelbaren Verbrauch überlässt oder verabreicht
- eine der genannten Straftaten begeht und sich die Handlung auf eine nicht geringe Menge bezieht.
- strafbare Handlungen begeht, die sich auf eine nicht geringe Menge beziehen, und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, oder
- strafbare Handlungen begeht, die sich auf eine nicht geringe Menge beziehen und dabei eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist.
Das - hier lediglich auszugsweise dargestellte - Konsumcannabisgesetz enthält dabei noch viele weitere Regelungen und bringt unzählige, ungelöste und wohl noch unbekannte Problemkon-stellationen für die Praxis und zahlreiche Rechtsfragen mit sich, mit deren Lösung und Klärung wahrscheinlich erst nach einigen Jahren in der Rechtsprechung zu rechnen sein dürfte.
Ein gesetzgeberisches Meisterwerk scheint damit nicht gelungen zu sein, allenfalls ist ein kleiner Schritt zu einer geänderten - und je nach Regierungswechsel und den politischen Verhältnissen wieder veränderbaren - Drogenpolitik getan.
3. Strafverteidigung
Die Hinzuziehung eines auf dem Gebiet des Betäubungsmittelstrafrechts erfahrenen Strafverteidigers empfiehlt sich in jedem Stadium des Verfahrens. Ob Verbrechenstatbestände oder Vergehen nach § 29 BtMG oder § 34 KCanG: im Betäubungsmittelrecht stehen jederzeit Freiheitsstrafen im Raume. Je nach Tatort oder regionaler Praxis erfahren relevante Sachverhalte eine mitunter bemerkenswert unterschiedliche Beurteilung. Was in dem einen oder anderen Bundes-land eher als Bagatelle betrachtet wird, kann weiter südlich schon zur Freiheitsstrafe führen.
Da allein ein Rechtsanwalt Einsichtnahme in die amtlichen Ermittlungsakten nehmen und sich damit einen Überblick zu den in Betracht kommenden Vorwürfen verschaffen kann, ist dieser bei entsprechender Routine schnell in der Lage, sowohl die Möglichkeiten einer Verfahrenseinstellung als auch die sonstigen in Betracht kommenden Verteidigungsoptionen realistisch einzuschätzen und dementsprechend die Weichen für das weitere Verfahren zu stellen.
Immer häufiger werden aber von Beschuldigten zumeist schon im Rahmen einer frühen polizei-lichen Vernehmung ohne jede Aktenkenntnisse Aussagen gemacht, um in die (vermeintlichen) Vorzüge der Anwendung und Rechtsfolgen der sog. Aufklärungshilfe gemäß § 31 BtMG gelangen zu können. Vor einer voreiligen und zu unbedarften Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung ist indes zu warnen. Diese Vorschrift wird nicht ohne Grund auch in rechtspolitischer Hinsicht durchaus kritisch betrachtet und allein die Analyse und Beurteilung der Ermittlungsergebnisse durch einen erfahrenen Strafverteidiger vermag sicherzustellen, daß die zumeist unter Verneh-mungsdruck und ohne anwaltlichen Beistand vermeintlich segensreichen Aussagen gegenüber der Polizei dem sog. "31er" nicht noch lange nachlaufen oder hinterher - als sog. "Kronzeuge" - sogar auf die Füße fallen können. Schon in der römischen Antike galt: "Proditionem amo, sed proditores non laudo" (frei: man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter).
Nach § 31a BtMG (oder jetzt auch nach § 35a KCanG) kann die Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter mit den Betäubungsmitteln lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge umgeht. Dem Strafverteidiger bietet sich hier die Möglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen juristisch zu prüfen und ggf. frühzeitig z.B. mit dem Ziel einer Einstellung des Verfahrens zu intervenieren.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber nach dem Grundsatz "Therapie statt Strafe" in den §§ 35 ff. BtMG unter bestimmten Voraussetzungen die Zurückstellung der Strafvollstreckung bzw. die Anrechnung der Therapie auf eine zu verbüßende Freiheitsstrafe geregelt.
Das Gericht kann neben der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB anordnen. Hierbei handelt es sich um eine Maßregel, die der Besserung und Sicherung des Täters dienen soll. Ziel der Unterbringung ist also einerseits die Allgemeinheit vor erneuten, abhängigkeitsbedingten Straftaten des Täters zu schützen und andererseits die Therapie des Täters. Die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt finden sich in § 64 StGB. Auch wenn der Maßregelvollzug dabei vorrangig der Sicherheit der Allgemeinheit dienen soll, so liegt der Schwerpunkt allerdings auf einer Heilbe-handlung der Suchterkrankung. In geeigneten Fällen kann eine Unterbringung nach § 64 StGB durchaus auch ein lohnenswertes Verteidigungsziel darstellen. Das individuelle Therapiekonzept geht - ggf. nach Vorwegvollzug - dabei nicht nur von einer stufenweisen Lockerung aus, sondern wird die Therapie erfolgreich durchlaufen und stehen keine Hinderungsgründe entgegen, wird der Verurteilte mit einer vorzeitigen Entlassung aus dem Maßregelvollzug belohnt - möglicher-weise sogar ohne auch nur einen Tag in einer Justizvollzugsanstalt verbracht zu haben.
Suchen Sie als Beschuldigter rechtzeitig und bei einer Festnahme, Verhaftung oder Vernehmung schnellstmöglich die Hilfe eines Strafverteidigers auf. Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Gülpen ist langjährig mit Erfahrung und Erfolg im Bereich der Verteidigung in Betäubungsmittelstrafsachen tätig.