Berufung und Revision
_________________________________________________​



Auch bei einem guten und enga­gierten Straf­ver­tei­diger kann es jeder­zeit vorkommen, daß die Haupt­ver­hand­lung in einer Straf­sache mit einer unzu­tref­fenden Ver­urtei­lung oder einer unange­messen hohen Bestra­fung endet. Hiergegen können sich Ange­klagte, aber auch die Staats­an­walt­schaft gegen zumeist dem Ange­klag­ten günstige Ent­schei­dungen mit der Ein­le­gung von Rechtsmitteln behelfen.

•   Berufung
Gegen erst­instanz­liche Urteile des Amts­gerichts (Strafrichter/in oder Schöf­fen­ge­richt) kann das Rechts­mit­tel der Beru­fung ein­ge­legt werden. Hat die Haupt­ver­hand­lung vor dem Amts­ge­richt statt­ge­funden, so kann inner­halb einer Woche nach Verkün­dung des Urteils schrift­lich Beru­fung ein­ge­legt werden. Es findet dann vor dem Land­ge­richt eine Be­ru­fungs­ver­hand­lung statt, in der das Ver­fahren in tatsächlicher Hin­sicht noch­mals auf­ge­rollt wird. In der Regel werden hierbei die Zeugen erneut ver­nom­men, die Sach­ver­ständigen nochmals gehört usw. In beson­ders gela­gerten Baga­tell­ver­fahren mit einer ent­sprech­enden Sank­tions­maßnahme gilt jedoch die Be­son­der­heit der Annahme­be­ru­fung nach § 313 StPO.

Gegen ein Urteil des Beru­fungs­ge­richts kann das Rechts­mittel der Revision ein­ge­legt werden, so daß die Sache vom Ober­lan­des­gericht auf Rechts­fehler über­prüft wird.
Will man die Beru­fungs­in­stanz über­springen und das amtsgerichtliche Urteil sofort im Revi­sions­ver­fahren überprüfen lassen, so ist dies im Wege der Sprung­revision (§ 335 StPO) mög­lich.

Das Rechtsmittel - ob nun Berufung oder Sprungrevision - ist dabei stets innerhalb einer Woche nach Verkün­dung des Urteils einzu­legen. Die Revision muß sodann binnen eines Monats nach Zustel­lung des schrift­lichen Urteils begründet werden. Eine Berufung bedarf einer schrift­lichen Begrün­dung nicht; es kann in vielen Fällen aber sinn­voll sein, dem Be­ru­fungs­ge­richt vorab dar­zu­legen, welche sach­lichen Gründe es für das Rechts­mittel gibt. Das Rechts­mittel kann zunächst ein­ge­legt und später wieder zurück­ge­nommen werden.

•   Revision
Bei dem Landgericht sind kleine und große Straf­kam­mern tätig.
Die kleinen Straf­kam­mern des Land­ge­richts ver­han­deln über Beru­fun­gen, die gegen Urteile des Amts­ge­richts ein­ge­legt wurden, während die großen Straf­kam­mern erst­in­stanz­lich für die Ver­hand­lung in Straf­sachen von größerer Bedeu­tung zuständig sind.
Gegen erstinstanzliche Urteile des Land­ge­richts kann ausschließlich die Revision ein­ge­legt werden (§ 333 StPO). Während sich somit mit der Revi­sion zum örtlich zustän­digen Ober­lan­des­gericht für die ursprüng­lich beim Amts­ge­richt ver­han­delten Straf­sachen eine dritte Instanz eröffnet, steht mit einer Revision gegen Urteile der großen Strafkammer des Land­ge­richts mit dem sodann befassten Bundes­ge­richts­hof nur eine weitere Instanz zur Ver­fü­gung.

Im Revisionsverfahren kommt es nicht unbedingt zu einer münd­lichen Ver­hand­lung.
Insbeson­dere wird beim Revi­sions­ge­richt nicht etwa die Beweis­auf­nahme wieder­holt. Das Ober­lan­des­ge­richt bzw. der Bundes­ge­richts­hof über­prüfen die Sache allein auf Rechts­fehler nach Maßgabe der §§ 337, 338 StPO. Das jeweilige Revi­sions­gericht ent­scheidet so­dann, ob die ange­foch­tene Ent­schei­dung auf­ge­hoben und die Sache zur er­neuten Ver­hand­lung an das Amts- bzw. Land­ge­richt zurück­verwiesen oder ob die Revision ver­worfen wird. In eher selten Fällen trifft das Revi­sions­ge­richt eine eigene Sach­ent­schei­dung gemäß § 354 StPO.

Die Revision ist - ebenso wie die Berufung - innerhalb einer Woche nach Verkün­dung des Urteils ein­zu­legen. Abweichend zum Rechts­mit­tel der Beru­fung muß die Revi­sion später - binnen eines Monats nach Zustel­lung des schrift­lichen Urteils - begründet werden. Die Revi­sions­an­träge nebst ihrer Begrün­dung sind gemäß § 345 StPO an eine bestimmte Form und Frist gebun­den. Die Revi­sions­begrün­dung kann nur in einer von einem Rechts­an­walt unter­zeich­neten Begrün­dungs­schrift wirksam abge­geben werden. Rechts­mittel können im Übrigen auch beschränkt werden, bspw. nur auf einen Teil des Schuld­spruchs oder auf die Rechts­folgen.

Klarzustellen ist ein weit­ver­brei­teter Irrtum, wonach der Ange­klagte mit der Ein­le­gung von Rechts­mitteln eine "Ver­schlim­me­rung" und ins­be­son­dere eine Verschär­fung der Sank­tions­fol­gen zu befürchten habe. Legt allein der Ange­klagte und/oder zu seinen Gunsten die Staats­an­walt­schaft ein Rechts­mit­tel ein (was aber praktisch nicht vorkommt), gilt der lateinisch als "reformatio in peius" formu­lierte Grund­satz des Ver­schlech­te­rungs­ver­bots (eine Aus­nahme bildet hier jedoch der Rechtsbehelf des Ein­spruchs im Straf­be­fehls­ver­fahren).

Die Erfolgs­aus­sichten einer Revision sind statis­tisch gesehen eher gering.
Die Revision in Straf­sachen stellt zudem hohe Anfor­de­rungen an das Können des Straf­ver­tei­di­gers und setzt nicht nur fundierte Kennt­nisse der aktuellen höchst­richter­lichen Recht­sprechung voraus sondern ver­langt über dies auch eine hin­reichende Praxis, so etwa durch Revisions­haupt­ver­hand­lungen vor dem Bundes­gerichtshof oder dem Oberlandesgericht.

Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Gülpen ist gleichwohl seit vielen Jahren nach­weis­lich mit Erfah­rung und gutem Erfolg in Revisions­sachen tätig.